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AutorenbildManuel Mühlhoff

Erleuchtungsmythen


... oder wonach wird eigentlich gesucht?


Auf dem scheinbaren Weg zur "Erleuchtung", bei dem das Wort heutzutage völlig falschen Vorstellungen unterliegt, nennen wir es daher lieber "Erwachen", begegnen einem zahlreiche Mythen bzw. falsche Vorstellungen davon, was Erwachen letztendlich ist. Vorweg: Erwachen ist nichts weiter als das klare Sehen dessen, das da niemand ist der erwachen könnte. Daher gibt es auch keinen der "erleuchtet" ist. Wir alle sind Quelle, die sich durch uns ausdrückt. Somit bist du einfach die Art und Weise wie sich das Leben gerade ausdrücken will, was dich unglaublich wertvoll macht!


Zunächst einmal, warum will man überhaupt erwachen? In Wahrheit will "man" es natürlich nicht, es geschieht einfach, denn da ist niemand, der in der Lage wäre, etwas Bestimmtes zu wollen. Was du willst, kannst du nicht entscheiden, du kannst nur scheinbar zwischen Dingen wählen, die du ohnehin willst. Und nicht einmal das kannst du wirklich, denn die vermeintliche Entscheidung, die du triffst, würdest du aufgrund der Informationen, die zur Verfügung stehen, bzw. der Impulse, die zum Zeitpunkt der Entscheidung auftreten, immer wieder so treffen. Im Nachhinein lässt sich leicht sagen: Ja, aber ich hätte auch dies oder das tun können.

Nein, hättest du, wie ich eben erklärt habe, nicht. Was du willst oder nicht, ist nicht verhandelbar, sondern einfach nur das, was gerade ist. Überprüfe das ruhig für dich selbst, glaube mir bloß nicht.



Doch zurück zu den Mythen. Mein Grund war ganz simpel, denn ich hatte die Überzeugung, dass es doch möglich sein musste, dauerhaft glücklich zu sein, und ich war sicher, einen Weg zu finden, der das ermöglichte.


Somit war der Auslöser bei mir:


Mythos Nr. 1: Die dauerhafte Glückseligkeit

Berichte von angeblichen "Erleuchteten", in denen sie beschreiben, dass sie seit ihrer plötzlichen "Erleuchtung" nur noch vollkommen glückselig im "Gottes-Bewusstsein" über diesen Planeten wandeln, lassen sich leicht finden. Doch was ist da dran? Ganz genau, garnichts. Als Menschen sind wir natürlich allem unterworfen, was das Menschsein so mit sich bringt. Wir haben Bedürfnisse, Triebe, verschiedenste Gefühle und Emotionen, und diese werden sich auch nach dem Erwachen weiterhin zeigen. Mit einem Unterschied: Da ist niemand mehr, an den sie "andocken" können. All diese Sachen treten auf, doch sie geschehen einfach nur, für niemanden.


Wenn du aus diesem Grund erwachen möchtest, dann rate ich dir zu prüfen, wie dauerhafte Glückseligkeit für dich aussehen müsste. Welche Vorstellungen hast du davon, und was wäre, angenommen, sie erfüllen sich, wenn eine davon plötzlich eingerissen wird? Wärst du dann immer noch glückselig? Nein? Nun... Dann ist es wohl Zeit, diese Vorstellungen loszulassen.


Mythos Nr. 2: Das schlagartige Erwachen

Immer wieder hört man von Menschen, die schlagartig erwacht sind. Tief in Meditation versunken oder auch nicht, saßen sie da und Rumms! Alles war klar. Einheitserfahrung. Mystisches Sehen. Der Wegfall der Ich-Identität. Das volle Programm.

Ja, mag sein, kommt aber so gut wie nie vor. Das sind nur die scheinbaren Ausnahmen, die eigentlich keine sind, die die Regel bestätigen, die da lautet, dass Erwachen ein Prozess ist.


Du kannst dich also ruhig mal aus dem Lotus-/Schneidersitz lösen. Ich weiß, ich weiß, sofort kommt das schlechte Gewissen, wenn du doch genau jetzt aufhörst, dann hast du vielleicht kurz bevor es geschieht aufgehört. Mach dir darüber keine Sorgen, du hast eh keinen Einfluss darauf, ob es geschieht oder nicht. Und wenn dir dieser Gedanke sauer aufstößt (oder sonstige negative Emotionen auslöst), dann frag dich doch mal, warum du von der Ich-Illusion erwachen möchtest, gleichzeitig aber immer noch der Meinung bist, dass DU irgendetwas ausrichten könntest.


Mythos Nr. 3: Die Exklusivität

Mir ist schon öfter zu Ohren gekommen, dass man "auserwählt" sein muss, um erleuchtet zu werden. Warum sage ich in dem Fall erleuchtet? Weil es die Falle besser aufzeigt, die sich hier versteckt, nämlich der Glaube, etwas Besonderes zu sein, bloß weil man sich auf dem "spirituellen Pfad" befindet, und die, die sich dem Materiellen zuwenden, ja eh alle nur unwissende Ignoranten sind. Erwachen geschieht nur, wenn es geschehen soll, das ist richtig. Aber es hat absolut nichts damit zu tun, "auserwählt" zu sein, denn es gibt niemanden, der auserwählt werden könnte. Es gibt nichts, was nicht Ausdruck der Quelle ist.


Mythos Nr. 4: Die Siddhis oder übernatürliche Fähigkeiten

Gibt es sie? Ja, zumindest sind sie eine Erscheinung innerhalb dessen, was ist. Manch einer entwickelt solche Fähigkeiten im Verlauf seines spirituellen Weges, manch einer hat schon seit der Geburt gewisse Fähigkeiten, und manch einer hat sie eben nicht. Ob so etwas mit dem Erwachen auftritt, kann man mit Ja und Nein beantworten. Vielmehr beruht vieles auf einem erweiterten Verständnis des Bewusstseins und könnte damit eher als natürlich denn als mystisch eingeordnet werden. Und auch hier wieder die Frage an dich: Freust du dich auf die Vorteile, die gewisse Fähigkeiten mit sich bringen würden? Wer ist der, der sich freut? Und welche Vorteile hätte es für jemanden, der von der illusionären Konditionierung des Ich erwacht ist?


Mythos Nr. 5: Abgrenzung

Als Erwachter zieht man sich zurück auf einen Berg oder errichtet einen Ashram und lehrt, abgegrenzt von der "Außenwelt", die Non-Dualität. Gibt es Erwachte, die das tun? Ja, aber das sind nur geringfügig mehr als die, die schlagartig erwachen. Du würdest dich wundern, wie viele Erwachte ganz normalen Berufen nachgehen und ihr Leben leben, als wäre nichts geschehen, was auch stimmt, denn es ist Nichts geschehen.

Spirituell Suchenden rate ich allerdings dringend davon ab, denn wie einfach ist es, weit weg von all dem Trubel zu sagen: "Ich lebe in innerem Frieden und Harmonie"?! Ziemlich einfach, meiner Meinung nach. Schaff das erst mal, wenn du in einer Großstadt wohnst und all deinen vorhandenen Verpflichtungen nachgehst.



Damit kommen wir zum letzten Mythos.


Mythos Nr. 6: Alle Probleme lösen sich in Luft auf

Ähnlich wie Mythos Nr. 1 wird auch hier oft angenommen, dass sich aufgrund der "erhöhten Schwingung", in der sich Erwachte befinden, alle Probleme von selbst lösen oder auch überhaupt erst gar nicht auftreten. Natürlich trifft auch das nicht zu. Es treten weiterhin Herausforderungen und Probleme auf. Der Unterschied ist hier lediglich, dass die Probleme oder Herausforderungen nicht persönlich genommen werden. Dinge passieren halt und werden akzeptiert, so wie sie sind.

Mach dir klar, dass wir, auch wenn sich im Grunde genommen alles in dem Einen abspielt, in der Dualität leben. Das bedeutet, dass für ein vorhandenes Problem irgendwo auch schon die Lösung existieren muss. Manchmal will sie allerdings erst noch gefunden werden.



Viele dieser Mythen können zu falschen Vorstellungen über das Erwachen führen und verlagern die Suche nach Erfolg im Materiellen lediglich auf die Suche nach Erfolg im Spirituellen, womit man keinen Schritt weiter ist, man hat lediglich das Spielfeld gewechselt. Der Prozess des spirituellen Erwachens bringt dich dazu, all die Konditionierungen, die Du über Dich hast, anzusehen und in Frage zu stellen, bis niemand übrigbleibt, der etwas über "sich" in Frage stellen könnte. Das ist es, worum es geht und was geschieht. Alles andere ist nur Beiwerk und ein cleverer Ausdruck der Quelle, sich dazu zu animieren, sich selbst zu erkennen.


Sat Pranam - Namasté

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